Die Gebrauchstauglichkeit ist ein kritischer Faktor bei der Entwicklung von Medizinprodukten, da sie sich direkt auf die Leistung des Anwenders, die Patientensicherheit und die Gesamteffektivität auswirkt. Die Norm IEC 62366 legt einen Usability-Engineering-Prozess für Medizinprodukte fest, der sicherstellt, dass diese mit Blick auf den Benutzer entwickelt werden, um nutzungsbedingte Risiken zu minimieren. Die Norm ISO 9241-210 definiert die Prinzipien des Human-Centered Design (HCD), die einen breiteren Rahmen für Usability-Überlegungen auch über Medizinprodukte hinaus bieten. Eine dritte sehr wichtige Komponente ist die Norm ISO 9241-11, in der die Benutzerfreundlichkeit definiert ist.
Diese Normen haben gemeinsame Prinzipien, und ihre Integration stärkt das Usability-Engineering, indem sie das Risikomanagement mit Usability- und User-Experience (UX)-Design-Methoden in Einklang bringt.
Dieser Artikel untersucht die Beziehung zwischen IEC 62366, ISO 9241-210 und ISO 9241-11 und konzentriert sich dabei auf Usability-Evaluierungsmethoden, insbesondere Usability-Tests, kognitive Walkthroughs sowie formative und summative Evaluierungen.
Überblick über die IEC 62366
IEC 62366 bietet einen strukturierten Ansatz für die Gebrauchstauglichkeit von Medizinprodukten, um sicherzustellen, dass sie für die vorgesehenen Benutzer sicher und effektiv sind. Die Hauptziele dieser Norm sind:
- Minimierung von anwendungsbezogenen Risiken, die zu Schäden führen können.
- Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit als Teil des Risikomanagements in Übereinstimmung mit ISO 14971 (Risikomanagement für Medizinprodukte).
- Verbesserung der Effektivität von Produkten durch eine einfachere Anwendung.
IEC 62366 definiert einen Usability-Engineering-Prozess, der Folgendes umfasst:
1. Benutzerforschung - Durchführung von kontextbezogenen Befragungen und Fokusgruppen.
2. Analyse - Identifizierung von Sicherheitsmerkmalen, Identifizierung von Gefahren, Beschreibung und Kategorisierung von gefährdungsbezogenen Nutzungsszenarien.
3. Design - Erstellung eines Evaluierungsplans und einer Spezifikation der Benutzeroberfläche, Implementierung, Durchführung von formativen Evaluierungen und Iteration.
4. Summative Evaluationen - Summative Usability-Evaluationen einschließlich Usability-Test, wenn das Produkt kurz vor der Fertigstellung und Freigabe steht.
ISO 9241-210 bietet einen Rahmen für die Gestaltung interaktiver Systeme, bei denen die Bedürfnisse der Benutzer und die Benutzerfreundlichkeit während des gesamten Entwicklungszyklus im Vordergrund stehen. Die Norm fördert einen iterativen Designprozess, der Folgendes umfasst:
1. Nutzungskontext - Analysieren und spezifizieren Sie den Nutzungskontext gemäß dem in ISO 9241-11 dargestellten Modell
2. Spezifizierung der Benutzerbedürfnisse und Benutzeranforderungen - Verstehen, was der Benutzer braucht, um eine Entscheidung zu treffen.
2. Entwerfen von Lösungen auf der Grundlage von Benutzeranforderungen - Entwerfen von Designs, Erstellen von Prototypen und Verfeinern des Designs.
3. Iterative Evaluierung der Entwürfe - Verwendung von Bewertungen der Benutzerfreundlichkeit zur Verfeinerung des Systems, bis alle Anforderungen erfüllt sind.
- Das Design basiert auf einem gründlichen Verständnis des Nutzungskontextes.
- Einbeziehung der Benutzer während der gesamten Entwicklung.
- Iterativer Entwurf und Bewertung.
- Konzentration auf die gesamte Benutzererfahrung.
- Risikominderung durch Benutzertests und -bewertung.
- Interdisziplinäre Kenntnisse und Perspektiven sind im Designteam vertreten.
- Nutzungskontext - Benutzer, Ziel, Aufgabe, Umgebung, Ressourcen
- Ergebnis der Nutzung - Ergebnisse in Bezug auf die Gebrauchstauglichkeit und andere Ergebnisse
- Ergebnisse in Bezug auf die Gebrauchstauglichkeit - Effektivität, Effizienz, Zufriedenheit
- Andere Ergebnisse - Benutzererfahrung, Vermeidung von Schäden, Zugänglichkeit
Beide Normen betonen die Gebrauchstauglichkeit, die Risikominderung und die iterative Evaluierung, wodurch sie sich bei der Entwicklung von Medizinprodukten ergänzen. Die IEC 62366 übernimmt die Prinzipien der menschenzentrierten Gestaltung aus der ISO 9241-210, insbesondere in folgenden Punkten
1. Anwenderbedürfnisse und Anwendungsszenarien
- Die IEC 62366 verlangt die Definition der vorgesehenen Benutzer, Umgebungen und Szenarien, um potenzielle Gefahren zu identifizieren.
- ISO 9241-210 bietet Methoden zum Verständnis der Benutzerbedürfnisse durch Beobachtungen, Interviews und Aufgabenanalyse.
2. Iterative Bewertung der Benutzerfreundlichkeit
- Die IEC 62366 schreibt formative und summative Evaluierungen vor, um die sichere und effektive Nutzung zu verifizieren.
- ISO 9241-210 schreibt iterative Gebrauchstauglichkeitstests vor, um Entwürfe auf der Grundlage von Benutzerfeedback zu verfeinern.
3. Risikomanagement und Benutzerfreundlichkeit
- IEC 62366 integriert die Gebrauchstauglichkeit mit dem Risikomanagement (angelehnt an ISO 14971).
- ISO 9241-210 konzentriert sich auf die Vermeidung von Benutzerfehlern durch menschenzentrierte Designstrategien.
Durch die Kombination dieser drei Normen können Hersteller von Medizinprodukten sicherstellen, dass ihre Produkte sowohl sicher (IEC 62366) als auch benutzerfreundlich (ISO 9241-210 ISO 9241-11) sind.
Die Rolle der Gebrauchstauglichkeitsbewertung bei der Entwicklung von Medizinprodukten
Die Bewertung der Gebrauchstauglichkeit ist sowohl in der IEC 62366 als auch in der ISO 9241-210 von zentraler Bedeutung. Ziel ist es, sicherzustellen, dass das Medizinprodukt die Anwender bei der effizienten und sicheren Ausführung ihrer Aufgaben unterstützt. Die beiden wichtigsten Usability-Evaluationsmethoden, die im Usability Engineering eingesetzt werden, sind Usability-Tests und kognitive Walkthroughs, die sowohl formative als auch summative Evaluationen unterstützen.
IEC 62366 und ISO 9241-210 sind eng miteinander verbunden, da beide den Schwerpunkt auf Benutzerfreundlichkeit, menschzentriertes Design und iterative Evaluation legen. Während sich die IEC 62366 speziell mit der Gebrauchstauglichkeit und Sicherheit von Medizinprodukten befasst, bietet die ISO 9241-210 umfassendere, auf den Menschen ausgerichtete Designprinzipien, die die Best Practices der Gebrauchstauglichkeitstechnik verstärken.
Die Bewertung der Gebrauchstauglichkeit spielt in beiden Normen eine entscheidende Rolle, um sicherzustellen, dass Medizinprodukte:
- Einfach zu benutzen sind.
- die mit menschlichem Versagen verbundenen Risiken minimiert werden.
- eine sichere und effektive Benutzererfahrung bieten.
Durch die Integration von Gebrauchstauglichkeitstests, kognitiven Durchläufen und formativen sowie summativen Bewertungen können Hersteller von Medizinprodukten die Benutzerzufriedenheit erhöhen und gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen erfüllen.
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